One Health zur Bewältigung von Zoonosen, Tierseuchen und Antibiotikaresistenzen: Wir haben eine Welt und damit eine Gesundheit

Betina Prestel, Geschäftsführerin der Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH, erklärt, welche Rolle der One Health-Ansatz bei der Bewältigung heutiger gesundheitlicher Herausforderungen wie Zoonosen, Tierseuchen und Antibiotikaresistenzen spielt.

Betina Prestel leitet als Geschäftsführerin die Tiergesundheitssparte von Boehringer Ingelheim in Deutschland. Im Interview erklärt sie den One-Health-Ansatz und wie Boehringer Ingelheim zu einer Verbesserung der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt beiträgt.

Frau Prestel, der vielbeachtete One Health-Ansatz wird von Boehringer Ingelheim seit jeher gelebt. Was genau ist hier der Grundgedanke? 

Institutionen wie die WHO und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung weisen auf den Zusammenhang hin, der bei der Gesundheit zwischen Mensch, Tier und Umwelt besteht. Das Prinzip von One Health ist im Grunde genommen recht simpel: Eine gesunde Erde führt zu gesunden Tieren und gesunden Menschen. Wir haben eine Welt und damit eine Gesundheit. Alles hängt miteinander zusammen. Daher müssen wir die Disziplinen Humanmedizin, Tiergesundheit und Umweltwissenschaften gemeinsam betrachten und interdisziplinär zusammenarbeiten. Kein Akteur besitzt die alleinige Lösung, um den großen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen. 

Zoonosen stellen eine besondere Herausforderung dar. Warum?

Wir haben vor allem das steigende Risiko durch Zoonosen im Blick – also Infektionskrankheiten beim Menschen, die ihren Ursprung im Tierreich haben: Etwa drei Viertel der neuen Erreger wurden von Tieren auf Menschen übertragen. Das prominenteste Beispiel ist sicher Covid-19, aber auch Ebola, HIV und die Vogelgrippe zählen dazu. Pro Jahr erkranken etwa 2,5 Milliarden Menschen an Zoonosen und zwei Millionen sterben daran – es handelt sich also um ein durchaus ernstes Problem.

Wie trägt Boehringer Ingelheim zur Lösung bei?

Wir vereinen die Human- und Tiergesundheit sowie mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie „Sustainable Development – For Generations“ auch die Umweltwissenschaften unter einem Dach und leben damit das One-Health-Prinzip jeden Tag. Wir streben danach, die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt weiter zu verbessern – mithilfe von innovativen Therapien, Prävention von Infektionskrankheiten, Tierpandemien und Zoonosen sowie auch der Verringerung unseres ökologischen Fußabdrucks.
Boehringer Ingelheim ist dabei nicht allein. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft?
Dadurch, dass wir schon sehr lange im Bereich der Humanpharma und seit fast 70 Jahren auch in der Tiergesundheit forschen und innovative Therapien entwickeln, sind wir sehr gut vernetzt. Das nutzen wir, um die verschiedenen Parteien an einen Tisch zu bringen und gemeinsame Lösungen zu entwickeln. 

Wie sieht diese Zusammenarbeit konkret aus?

Ein Beispiel ist unser Engagement in der Tierseuchenbekämpfung, bei der wir eng mit Behörden weltweit zusammenarbeiten. Bei einem akuten Ausbruch berät unser Veterinary Public Health Center die Behörden über anstehende Maßnahmen, entwickelt Antigene und stellt Impfstoffe bereit. Hier ist im Ernstfall schnelles Handeln gefragt. Dazu tragen wir bei, indem wir in sogenannten Impfstoffbanken Antigene für den Seuchenfall einlagern. Derzeit investiert Boehringer Ingelheim 300 Millionen Euro in ein neues strategisches Produktionszentrum für Impfstoffe zur Tierseuchenbekämpfung in der französischen Region Rhône-Alpes nahe Lyon, das 2023 betriebsbereit sein soll. 

Der Zusammenhang zwischen Mensch und Tier wird auch bei der Problematik der zunehmenden Antibiotikaresistenzen deutlich.

Das stimmt, deswegen ist das ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit. Auch hier spielt die Prävention eine große Rolle – sei es durch Impfungen oder andere innovative Maßnahmen wie unser digitales Monitoring-Tool für Schweineställe „SoundTalks“. Das Programm überwacht Atem- und Hustengeräusche von Schweinen und erkennt dank künstlicher Intelligenz Abweichungen zur Norm. So können Tierärzte die Schweinebestände gezielt untersuchen und individuell Maßnahmen ergreifen, anstatt flächendeckend Antibiotika zu verabreichen. Darüber hinaus engagieren wir uns in dem 2020 aufgelegten AMR Action Fund, der sich der Entwicklung der nächsten Antibiotikageneration verschrieben hat.

Die bisherigen Beispiele beziehen sich vor allem auf Nutz- und Wildtiere. Welche Rolle spielen Haustiere, wenn wir über One Health sprechen?

Bei One Health geht es natürlich auch um die positive Verbindung von Menschen und Tieren, die sich vor allem in der Beziehung zu Haustieren zeigt. Auch die Gesunderhaltung von Haustieren hat einen messbaren Einfluss auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit von Menschen. Wenn beispielsweise Haustiere frei von Parasiten sind, sind auch die Tierhalter geschützt. Das ist uns bewusst – und durch unsere Therapien und Lösungen für Haustiere unterstützen wir diese wertvolle Beziehung.

Mehr zum Thema One Health finden Sie in dem Video: One Health:

 


 

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